Vieraugengespräch Zum Thema Geistige und technische Entwicklung

Geistige und technische Entwicklung

Entwicklung

Es ist beeindruckend, welche großen Fortschritte wir allein innerhalb der letzten 100 Jahre gemacht haben. Wir sind mit Strom versorgt, können mit Flugzeugen um die ganze Welt reisen und haben mit Computern und dem Internet eine völlig neue digitale Welt aufgebaut.
Doch all diese Fortschritte sind technischer Natur. Sie lassen uns manchmal vergessen, dass wir in unserer geistigen Entwicklung noch immer auf dem Stand von vor mehreren tausend Jahren sind. Die geistigen Fähigkeiten eines Höhlenmenschen waren nur unwesentlich schlechter als unser heutiger Intellekt. Lediglich das fehlende Wissen macht den massiven kulturellen und technischen Unterschied zwischen uns und Höhlenmenschen aus. Doch diesen Nachteil haben die Menschen mittlerweile ausgeglichen, sodass wir nun keine Höhlenmenschen sind, sondern uns in Häusern per Skype mit Freunden auf der anderen Seite der Erde unterhalten können.
Die gesellschaftlichen Probleme sind geblieben. Wir beuten noch immer unsere Mitmenschen aus, um uns selbst zu bereichern. Wir können es noch immer nicht ertragen, wenn andere nicht unsere Weltsicht teilen und wir sind nicht fähig, Fehler einzugestehen und mit Kritik sachlich und konstruktiv umzugehen. Wenn wir in unserer aktuellen Sendung „Zukunftswünsche“ Anregungen geben, wie 2017 ein schöneres Jahr als 2016 werden könnte, dann thematisieren unsere Zukunftswünsche ausschließlich Fragen der politischen und sozialen Einstellung. Europa als Friedensprojekt ernst nehmen und westliche Werte leben – eine reine (subjektive) Einstellung, die wir gegenüber unseren Mitmenschen einnehmen wollen/sollen/können. Medienkompetenz und Argumentationslehre vermitteln – Fähigkeiten, um die eigene soziale Inkompetenz und die seiner Mitmenschen ausgleichen zu können.

Entwicklung

Möglicherweise wären wir gut damit beraten, in unserer technischen Entwicklung ein bisschen auf die Bremse zu treten, um den Geist aufholen zu lassen. Wenn wir grundlegende gesellschaftliche Probleme trotz all unserer Fortschritte noch immer nicht zufriedenstellend beheben können, sind wir womöglich mit neuen Technologien überfordert – ähnlich wie wir es z. B. mit dem Internet sind. Jederzeit können wir Millionen von Menschen erreichen. Geistig erwachsen genug, um friedliche und gehaltvolle Nachrichten um die Welt zu schicken, sind wir offenbar nicht. Stattdessen wird sie genutzt, um Hass zu verbreiten, Hackerangriffe zu starten und die öffentliche Meinung zu manipulieren.
Ist eine Technologie erst einmal erfunden, wird man sie kaum wieder los. Sicherlich birgt jede Erfindung das Potential, für kriminelle Zwecke missbraucht zu werden – egal, ob es sich dabei um das Feuer, die Atomkraft oder das Internet handelt. Es wäre unrealistisch und unnötig, sich deswegen gegen die Erfindung neuer technischer Geräte und Verfahren auszusprechen. Allerdings sollte Technikfolgenabschätzung einen größeren Stellenwert bei der Entwicklung neuer Technologien einnehmen – auch wenn dies die Markteinführung und somit unseren technischen Fortschritt verlangsamt. So bleibt vielleicht mehr Zeit für eine geistige Entwicklung und unsere Zukunftswünsche werden sich langfristig erfüllen. |von Stefan Seefeldt

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