In den Printmedien – vor allem in Tageszeitungen – begegnet man dem Thema Schizophrenie nicht allzu häufig. Doch hin und wieder taucht der Begriff in den Zeitungen auf. Doch wie wird er dann verwendet und was für ein Bild vermittelt er von Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind?
Ohne die Zeitungen auf die Verwendungsweise des Begriffs der Schizophrenie zu untersuchen, könnte man meinen, dass Zeitungen über neue Forschungsergebnisse und Therapieformen in Bezug auf die Krankheit berichten. Auch scheint es naheliegend zu sein, dass Zeitungen Berichte über Studien veröffentlichen, die sich mit der gesellschaftlichen Lage der Erkrankten und deren Angehörigen auseinandersetzen. Weiterhin scheinen mir rechtliche Aspekte zum Thema eine Meldung in den Zeitungen wert zu sein. Doch wird über diese angesprochenen Aspekte auch tatsächlich in den Zeitungen berichtet?
Ich habe über einige Wochen hinweg Stichproben von verschiedenen Zeitungen genommen und die darin enthaltenen Artikel über Schizophrenie auf ihre Verwendungsweise untersucht. Dabei habe ich herausgefunden, dass der Begriff Schizophrenie in den seltensten Fällen medizinisch korrekt verwendet wird. Oft dient er als Sammelbegriff für alle möglichen psychischen Erkrankungen. Besonders der Begriff ‚paradox‘ lässt sich oft anstelle von ‚schizophren‘ finden. Nur selten wird der Begriff der Schizophrenie korrekt verwendet.
Besonders – aber nicht ausschließlich – in der BILD wird die Schizophrenie-Erkrankung eines Menschen benutzt, um eine reißerische Überschrift zu generieren. Dabei wird teilweise das Bild eines gefährlichen Irren vermittelt, der die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt und gnadenlos weggesperrt werden sollte. Die Krankheit dient oftmals als Erklärung für eine Straftat oder einen Unfall – ohne dass ein Zusammenhang zwischen der Schizophrenie des Betroffenen und dem Tathergang zweifelsfrei feststeht. Eine ähnliche Vorgehensweise findet sich übrigens auch in Zusammenhang mit ‚Ausländern‘ und Verbrechen. Handelt es sich z.B. um pöbelnde Jugendliche, wird – falls die Jugendlichen einen Migrationshintergrund haben – dieser Migrationshintergrund extra erwähnt. So wird auch in diesem Kontext das Bild vermittelt, dass Schizophrene gefährlich seien – wenn schon nicht aus mörderischen Motiven, dann zumindest, weil sie geistig nicht zurechnungsfähig seien.
Wird der Begriff der Schizophrenie in den Printmedien doch mal korrekt benutzt, handelte es sich in den Stichproben nur um kurze Meldungen, in denen z.B. ein neuer Forschungsansatz erwähnt wurde. Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Thematik fand in aller Regel nicht statt. Gesellschaftliche Aspekte bleiben unberücksichtigt. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit Schizophrenie findet kaum statt.
Die Stichproben von Artikeln aus verschiedenen Tageszeitungen sind nicht repräsentativ. Dennoch ist es möglich, ein ungefähres Bild über die Berichterstattung in Zeitungen zu zeichnen. Die von mir eingangs aufgestellten Hypothesen über Art und Inhalt der Berichterstattung zum Thema Schizophrenie in Tageszeitungen erweisen sich größtenteils als unzutreffend. Während ich eine inhaltlich korrekte Verwendung des Begriffs Schizophrenie als selbstverständlich vorausgesetzt habe, machen sich die meisten Journalisten tatsächlich nicht die Mühe, die Begriffe, die sie verwenden, korrekt zu benutzen. Auch eine sachliche und differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik findet nur in seltenen Fällen statt. Stattdessen steht die skandalisierende und vorverurteilende Berichterstattung im Vordergrund. Über die Krankheit lernt man so gut wie nichts. Vielmehr werden die stereotypen Vorstellungen der Symptome als Grundlage genommen und als faktisch gegeben vorausgesetzt.
Um diese Fehler zu vermeiden und ein korrektes Bild von der Krankheit und den Erkrankten zu vermitteln, habe ich mit einem schizophrenen Mann ein Gespräch unter vier Augen geführt. Ben erzählte mir von seiner Krankheit, den Symptomen, die Behandlung und wie er im Alltag mit seiner Erkrankung zurechtkommt. Dieses Gespräch könnt ihr euch in voller Länge anhören – und zwar in der kommenden Ausgabe des Vieraugengesprächs am Sonntag, den 13.12. ab 12 Uhr als Podcast hier auf der Homepage und bei iTunes und Soundcloud. |von Stefan Seefeldt