Die Einflussnahme von Lobbyisten auf unsere Politiker wird in unserer Gesellschaft häufig und zu Recht kritisiert. Man gewinnt häufig den Eindruck, dass Politiker Entscheidungen nicht zum Wohle für Mensch und Tier treffen, sondern vielmehr zum Wohle der Automobilindustrie, dem Pharmakonzern oder der Fleischverarbeitungsindustrie. So ist es beispielsweise zu erklären, dass VW und andere Autohersteller für ihren Betrug im Abgasskandal nicht bestraft werden und die Qualen der Tiere in der Massentierhaltung noch immer Gang und Gäbe sind. Ihre Lobbyisten arbeiten zu eng mit den Entscheidungsträgern in der Politik zusammen, als dass eine ernsthafte politische Maßnahme gegen die Machenschaften einer ganzen Branche auf den Weg gebracht werden würde.
Der Missstand wird schnell darauf zurückgeführt, dass viele Politiker während ihrer aktiven Amtszeit die Karriere nach ihrer politischen Laufbahn planen und entsprechende Angebote von Konzernen unterbreitet bekommen. Ronald Pofalla oder Eckart von Klaeden (beide CDU) sind nur zwei Beispiele für Politiker, die nach ihrer politischen Laufbahn in Aufsichtsräte oder den Vorstand großer Unternehmen gewechselt sind. Der Konflikt liegt auf der Hand. Wer sich schon während seiner aktiven Amtszeit mit Unternehmen gut stellen muss, um dort einen begehrten und gut bezahlten Arbeitsplatz zu erhalten, wird möglicherweise dazu neigen, politische Entscheidungen zu vermeiden, die nicht im Sinne des zukünftigen Arbeitgebers sind. Vernünftige Entscheidungen im Sinne des Volkes sind so eher nicht zu erwarten.
Doch die schädliche Einflussnahme durch Lobbyisten auf die Politik ist noch einem weiteren Umstand geschuldet – nämlich die fehlende Fachkenntnis der Politiker. In der Theorie hat ein Politiker eine umfassende Fachkenntnis zu allen Themen, die in Zusammenhang mit seinem Amt stehen. Nur so ist es ihm möglich, differenzierte und begründete politische Entscheidungen unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile zu treffen. In der Praxis besitzen Politiker dieses Fachwissen meistens nicht. Entweder haben sie zuvor keine Berührungspunkte mit den Themen gehabt, die in ihrem jetzigen Amt von Relevanz sind. Oder ihnen fehlt aufgrund ihrer Amtsgeschäfte schlichtweg die Zeit, um sich in die Materie einzuarbeiten. Daher lassen sie alle relevanten Informationen durch geschultes Fachpersonal aufbereiten. Auf Grundlage dieser Aufbereitungen erfolgt dann oftmals eine politische Entscheidung. Zu dem Personenkreis, der für die Aufbereitung der Informationen und des Fachwissens zuständig ist, zählen in nicht unwesentlicher Zahl Lobbyisten. Sie sind Experten in ihrer jeweiligen Branche. Es fehlt ihnen allerdings an der notwendigen Neutralität und Differenzierung in der Aufbereitung der Informationen. Dies kann man ihnen kaum zum Vorwurf machen. Dass Lobbyisten im Sinne ihrer Interessensgemeinschaft arbeiten, ist weder verwunderlich noch verboten. Umso wichtiger ist es, dass sich Politiker unabhängiger von Lobbyisten machen.
Denn Lobbyisten können diese Unwissenheit der Politiker ausnutzen, um sie mit ihren Empfehlungen zu manipulieren. Die durch eigene Interessen geschönte Empfehlung eines Lobbyisten kann nicht immer von Politikern als tendenziös und undifferenziert erkannt werden. Eine Möglichkeit, diesem Problem entgegenzuwirken, wäre die Beschäftigung von unabhängigen wissenschaftlichen Mitarbeitern in größerer Zahl. Diese könnten eigenständig recherchieren und alle relevanten Informationen zusammentragen, die der Politiker für eine differenzierte Entscheidung zum Wohl der Mehrheit benötigt. Auslassungen oder einseitige Darstellungen könnten auf diese Weise reduziert und somit die Qualität der Informationen erhöht werden. Auch eine stärkere Einbindung von Universitäten würde dazu beitragen, unabhängige und differenzierte Studien zu sammeln.
Es sind sicherlich noch weitere Möglichkeiten denkbar, den zu starken Einfluss von Lobbyisten auf politische Entscheidungsträger zu reduzieren. Eine häufige Forderung in diesem Zusammenhang ist eine längere Karenzzeit für Politiker, bevor sie selbst zu Lobbyisten in großen Unternehmen werden. Doch zurzeit fehlen die Handlungsbereitschaft und im Zweifel auch die finanziellen Mittel, um geeignete Maßnahmen auch tatsächlich umzusetzen. |Stefan Seefeldt