Wie bereits an dieser Stelle berichtet wurde, hat der Deutsche Bundestag am 06. November die geschäftsmäßige Beihilfe zum Suizid verboten und unter Strafe gestellt. Es ist also ab dem kommenden Jahr verboten, Geld für die Beihilfe zur Selbsttötung zu verlangen, auch wenn dieses Geld nur die entstandenen Kosten – z.B. für ein beschafftes Medikament oder Fahrtkosten – abdeckt und kein Gewinn erzielt wird. Mit diesem Gesetz soll der Missbrauch bei der Beihilfe zum Suizid eingeschränkt werden. Vereine und Organisationen, die mit dem Sterbewunsch von Menschen Geld verdienen wollen, wird eine klare Absage erteilt.
Der Gedanke ist nachvollziehbar. Kann man mit einer Dienstleistung Geld verdienen, wird man für diese Dienstleistung Werbung machen und Personen davon überzeugen wollen, die Leistung in Anspruch zu nehmen. Alte und kranke Menschen könnten durch ihre Familie oder die Vereine selbst dazu gedrängt werden, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen – ganz nach dem Motto: „Du möchtest deinen Liebsten doch auch nicht länger zur Last fallen”“. Es scheint also naheliegend zu sein, einer Kommerzialisierung der Sterbehilfe den Riegel vorzuschieben. Und tatsächlich wird ein möglicher Missbrauch nun deutlich schwieriger.
Ein Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid bringt allerdings auch negative Konsequenzen mit sich. So wird die rechtliche Grauzone für Ärzte noch größer als sie ohnehin schon ist. Wer als Arzt Beihilfe zum Suizid leistet, macht sich zwar prinzipiell nicht strafbar. Allerdings macht er sich im Wiederholungsfall der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid verdächtig. Die Folge: ein ärztlich assistierter Suizid wird damit quasi unmöglich gemacht und die Freiheit derer, die ihrem Leben ein Ende setzen möchten, eingeschränkt. Gerade in Zeiten, in denen die meisten Menschen unseres Landes großen Wert auf selbstbestimmtes Handeln legen, ist die Entscheidung des Bundestags kritikwürdig.
Die Beihilfe zur Selbsttötung bleibt zwar weiterhin erlaubt, solange sie nicht geschäftsmäßig ist. Der Bundestag tabuisiert mit seiner Entscheidung allerdings den Sterbewunsch einiger Mitglieder seiner Bevölkerung und macht es ihnen schwerer, selbstbestimmt aus dem Leben zu treten. Denn eine professionelle und kompetente Beihilfe zum Suizid kann Sterbewilligen mit einer unheilbaren Krankheit die Angst vor einem verunglückten Suizid nehmen. Ab 2016 werden sie mit ihrem Sterbewunsch allein gelassen und können nur noch im privaten Rahmen Beihilfe zum Suizid erhalten – von meist ungeschulten Personen, die nicht wissen, wie man effektiv und auf humane Weise Sterbehilfe leistet.
Der Bundestag wäre daher gut beraten gewesen, dem Gesetzesentwurf zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung zuzustimmen. Danach soll Ärzten ausdrücklich erlaubt werden, dem Wunsch eines Patienten nach Hilfe beim Suizid zu entsprechen. Voraussetzungen hierfür sind, dass ein volljähriger und einwilligungsfähiger Patient an einer unheilbaren Erkrankung leidet, die unumkehrbar zum Tode führt. Suizidbeihilfe darf demnach dann geleistet werden, wenn dies der Abwendung eines krankheitsbedingten Leidens dient. Zwei Ärzte müssen zudem den ernstlichen und endgültigen Patientenwunsch, die Einwilligungsfähigkeit, die Unumkehrbarkeit des Krankheitsverlaufes und die Wahrscheinlichkeit des Todes medizinisch feststellen. Im Rahmen einer Beratung ist über alternative Behandlungsmöglichkeiten und die Durchführung der Suizidbeihilfe zu informieren. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, einen regelhaften ärztlich assistierten Suizid zu ermöglichen und Ärzten hierfür Rechtssicherheit zu geben.
Gleichzeitig hätte man Vereinen und Organisationen die Beihilfe zur Selbsttötung verbieten können, damit ein Geschäft mit dem Tod und die damit verbundenen Missbrauchsrisiken eingedämmt werden. Die rechtliche Grauzone für Ärzte wäre beseitigt und der Wunsch totkranker Patienten nach selbstbestimmtem Sterben respektiert worden.
Vielen totkranken Patienten, die eine professionelle und kompetente Beihilfe zum Suizid wünschen, bleibt nun bloß die Reise ins Ausland – falls sie noch die Kraft und das Geld dazu haben. |von Stefan Seefeldt