„Ich habe nichts zu verbergen!“ stellt nicht selten die Reaktion vieler Menschen dar, wenn sie auf das Thema Datenschutz angesprochen werden. Es ist ein noch immer aktuelles Thema, das auch in Zukunft nicht an Relevanz einbüßen dürfte. Schließlich soll die Überwachung der Bevölkerung, wenn auch durch indirekte Mittel, immer weiter ausgebaut werden. Die von der CSU umschwärmte Vorstellung der PKW-Maut gleitet mit der flächendeckenden Kennzeichenüberwachung in neue Sphären der potentiellen Überwachung [1]. Selbst wenn die Bundesregierung diese Technik nicht gleich zum Missbrauch nutzen wird, gibt es genügend Geheimdienste, die sich eine solche Datenquelle wohl kaum entgehen lassen werden. Wenn es Möglichkeiten gibt, an Daten zu gelangen, dann wird es auch einen Geheimdienst geben, der diese Möglichkeit nicht ungenutzt lassen wird. Schließlich ist die Gefahr eines Terroranschlages nicht zu unterschätzen und jede Information könnte ja noch nützlich werden.
Überwachung wird im Alltag unterschätzt
Direkt fünf Geheimdienste mit ihren überregionalen „Recherche“-Methoden sind durch die Veröffentlichungen Edward Snowdens bekannt geworden: NSA (USA), GCHQ (Großbritannien), DSD (Australien), CSEC (Kanada), GCSB (Neuseeland). Doch was ist eigentlich der Auftrag eines Geheimdienstes wie die NSA? Die National Security Agency hat die Aufgabe die weltweite Telekommunikation zu überwachen und zu analysieren. Diese Sammelwut hat sich als Reaktion auf die gestiegene Terrorgefahr immer weiter ausgeweitet. Unklar bleibt, wie groß die Terrorgefahr tatsächlich ist, und ob Geheimdienste vor Terroranschlägen überhaupt adäquat schützen können. Möglicherweise jedoch geht es um den Terror nur ganz am Rande, zumindest intern.
Aber warum sollte sich jeder für das Thema interessieren? Schließlich gehen die Daten des Einzelnen doch eh in der ganzen Masse unter, oder man hat überhaupt keine Möglichkeiten, etwas gegen die Überwachung zu unternehmen. Im Zweifel hat man eben einfach nichts zu verbergen. Dabei kann eine solch flächendeckende Überwachung durchaus zu Problemen größeren Ausmaßes führen: Durch Ängste kann die Meinungsäußerung eingeschränkt werden. Auch eine gezielte Manipulation der Bevölkerung durch das Wissen über jeden einzelnen Bürger und seiner Meinung ist denkbar. Oder Menschen verhalten sich mit dem Wissen der Überwachung bewusst oder unbewusst anders, da sie ständig versuchen sich vermeintlich „korrekt“ zu verhalten. Vielleicht hat der eine tatsächlich weniger zu verbergen als der andere. Welche Informationen andere interessant finden, kann man selbst jedoch erst dann sagen, wenn man genau diese irgendwann unerwartet vorgehalten bekommt. Was heute harmlos ist, ist es morgen vielleicht nicht mehr.
Persönliche Daten nicht kampflos abgeben
Gibt es Möglichkeiten, sich gegen diese Überwachung zu wehren? Tatsächlich verfügen wir alle (noch) über die Freiheit, uns gegen die Überwachung zur Wehr zu setzen. Zumindest kann man versuchen, sich zu verteidigen. Ich kann z. B. auf zweierlei Weisen mit der Tatsache umgehen, dass in Wohnungen eingebrochen wird:
(1) Ich kann dem potenziellen Verbrecher seine Arbeit wesentlich erleichtern, indem ich für ihn alle meine Wertsachen auf einem goldenen Tablett auf dem Wohnzimmertisch deponiere und die Wohnungstür nicht schließe.
(2) Ich kann meine Wertsachen verstecken und meine Tür abschließen.
In beiden Fällen kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass in meine Wohnung eingebrochen wird und mir meine Wertsachen gestohlen werden. In Fall (2) erschwere ich es dem Einbrecher jedoch deutlich, sodass er entweder größeren Aufwand betreiben muss oder gar direkt weiterzieht. Ebenso verhält es sich auch mit Verschlüsselungen bei der technischen Datenübertragung. Eine verschlüsselte Nachricht ist zwar nicht zu 100% sicher, dennoch bedeutet das Lesen für den Geheimdienst zumindest einen höheren Aufwand. Übrigens: Eine Verschlüsselung schützt nicht nur vor den Zugriffen von Geheimdiensten, sondern erschwert auch effektiv das Leben privater Hacker. Denn diese gibt es ja schließlich auch noch, auch wenn sie im Schatten der Geheimdienste heutzutage gerne übersehen werden.
Hintergrundwissen: So funktioniert Verschlüsselung
Die Politik vermittelt seit Bekanntwerden des NSA-Skandals eine ungesunde Enthaltsamkeit. Sie erweckt den Eindruck, dass sie nicht nur nichts gegen diese Überwachung unternimmt, sondern sie auch noch durch Kooperation mit den eigenen Geheimdiensten unterstützt. Auch die Frage nach Deutschlands Souveränität stellt sich, da wir uns als Staat gegen die Überwachung durch andere Staaten nicht wirklich behaupten können. Schränken internationale Bündnisse den Handlungsspielraum von Staaten ein, da sie voneinander abhängig sind? Möglicherweise führen gerade solche Abhängigkeiten dazu, dass die Regierung nicht so handeln kann, wie es von der breiten Bevölkerung gewünscht wird.
Eine große Gefahr besteht jedenfalls: Möglicherweise ist es für jeden Menschen in Zukunft selbstverständlich, dass er immer und überall überwacht wird. Dann gehört es vielleicht auch schon zur gängigen Praxis, dass Versicherungen einen höheren Beitrag dafür einfordern, wenn festgestellt wird, dass man zu selten das Fitnessstudio besucht hat oder die letzte Pizzabestellung zu schinkenlastig war. Vielleicht ist die umfassende Kennzeichenüberwachung dann noch das kleinere Übel. |von Can Keke
Das Vieraugengespräch: #1 Datenschutz
[1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Kommentar-zur-Maut-Mehr-Ueberwachung-statt-Mehreinnahmen-Schluss-mit-dem-Unfug-2439618.html