Eigentlich hat die Wahl Trumps zum Präsidenten der USA etwas Gutes, denn sie gibt den etablierten Parteien einen erneuten und heftigen Schuss vor den Bug. Das korrupte Establishment wurde von den Amerikanern abgewählt. Ob es den Tatsachen entspricht oder nicht: das Volk fühlte sich durch die etablierten Politiker nicht mehr würdig vertreten. Trump wirkt(e) wie eine Alternative. Für diese Alternative hat sich das Volk nun entschieden. Das mag man gut finden oder entsetzt zur Kenntnis nehmen. In jedem Fall ist es ein Ausdruck von Demokratie.
Eigentlich hat die Wahl Trumps zum Präsidenten der USA etwas Gutes, denn nun steht ein Mann an der Spitze des Landes, der mit seinen Aussagen zwar aneckt, damit aber zumindest glaubwürdig wirkt. Trump versteckt sich nicht hinter nichtssagenden Politikerphrasen, sondern drückt in einer leicht verständlichen Sprache aus, was er denkt. Er versucht auch nicht, jedem zu gefallen. Er polarisiert mit seinen Ansichten. Es ist kaum möglich, es jedem Wähler recht zu machen, weil eine Gesellschaft so vielschichtig ist, dass es zwangsläufig konkurrierende Interessen gibt. Trump versucht nicht das Unmögliche, sondern bezieht eine klare Position. Er bietet den Wählern somit eine echte Wahl.
Eigentlich hat die Wahl Trumps zum Präsidenten der USA etwas Gutes. Politiker, die ihre liberalen Werte mit Arroganz und Überheblichkeit nach außen tragen, wurden von den Amerikanern abgewählt. Politiker, die die Sorgen einer ganzen gesellschaftlichen Klasse – und seien sie noch so unberechtigt – nicht ernst nehmen, wurden von den Amerikanern abgewählt. Politiker, die mehr Wert auf eine politisch korrekte Scheinwelt setzen, anstatt sich mit den wahren Problemen des Volks auseinanderzusetzen, wurden abgewählt.
Doch wie sagt man so schön: „eigentlich“ ist eigentlich kein Wort. Tatsächlich erfüllt mich die Präsidentschaft von Donald Trump mit großer Sorge.
Trump mag eine echte Alternative zum korrupten Establishment sein. Doch wenn diese Alternative schlechter ist, dann sollte man sich vernünftigerweise gegen diese Alternative entscheiden. Ein Mann, der verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzt und ihnen weder den gleichen Respekt noch die gleichen Rechte zusprechen will, spaltet das Volk stärker als es ohnehin schon ist.
Trump mag mit seinen klaren Positionen glaubwürdig sein. Doch Glaubwürdigkeit allein ist nicht ausreichend, um als Präsident eines mächtigen Landes geeignet zu sein. Trumps glaubwürdige Haltung bleibt moralisch fragwürdig und disqualifiziert ihn für ein so wichtiges Amt. Warum? Nehmen wir ein Beispiel aus dem Leben: Wer offen zugibt, meine Wohnung auszurauben, wenn ich ihm meinen Zweitschlüssel für die Wohnung gebe, qualifiziert sich trotz seiner Glaubwürdigkeit nicht dafür, meinen Zweitschlüssel zu erhalten.
Trump mag der liberalen Überheblichkeit einen verdienten Dämpfer verpasst haben. Die mehr oder weniger berechtigten Sorgen gewisser Bevölkerungsschichten wird Trump trotzdem nicht adäquat aufgreifen können. Denn einfache Antworten auf die großen Fragen zum Umgang mit religiösen Fanatikern, Kriminalität und Armut gibt es leider nicht. Zumindest dann nicht, wenn man die Probleme lösen will, ohne die moralische Integrität, die unserer Gesellschaft Stabilität gibt, aufzugeben.
Trump wird Amerika nicht „great again“ machen. Er wird es auch nicht schaffen, seine unzufriedenen Protestwähler zufriedenzustellen. Wenn er seine Wahlversprechen tatsächlich in die Tat umsetzen will, ist er eine Gefahr für die freiheitliche und demokratische Gesellschaft.|von Stefan Seefeldt